„Hashimoto-Bauch“ - woher kommt er und wie wird man ihn los?
- Dr. Christian Lunow
- 4. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Was ist ein „Hashimoto-Bauch“?
Gewichtszunahme, Blähungen, Verstopfung oder Durchfall, Völlegefühl, Übelkeit und ein aufgedunsener Bauch sind Beschwerden, die viele Hashimoto-Patienten nur zu gut kennen. „Hashimoto-Bauch“ ist zwar kein medizinisch anerkannter Begriff, doch umgangssprachlich beschreibt er treffend ein Syndrom, unter dem Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis häufig leiden.

Wodurch entsteht ein Hashimoto-Bauch?
Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Erkrankung, die die Schilddrüse angreift. Die Produktion von Schilddrüsenhormonen nimmt ab – mit Folgen für den gesamten Körper. Schilddrüsenhormone wirken auf nahezu alle wichtigen Organe und Gewebe wie Herz, Gehirn, Muskeln, Nerven und eben auch auf Magen und Darm.
Sinkt die Produktion von Schilddrüsenhormonen, beeinträchtigt das die Muskelaktivität der Speiseröhre und des Darms, und die Bildung von Magensäure wird gestört. Es kann zu Entzündungen der Magenschleimhaut kommen. Stoffwechselprozesse und der Grundumsatz werden herabgesetzt, wodurch sich der Verdauungsprozess verlangsamt. Für die Leber wird es schwieriger, Cholesterin – insbesondere das „schlechte“ LDL-Cholesterin – aus dem Blut aufzunehmen. Auch die Regulation des Wasserhaushalts gerät aus dem Gleichgewicht, was zu Wassereinlagerungen und Gewichtszunahme, insbesondere im Bauchbereich, führen kann.
Als wären diese möglichen Ursachen für Störungen des Magen-Darm-Trakts durch Hashimoto-Thyreoiditis nicht genug, haben Betroffene zudem ein erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen, die wiederum Probleme verursachen können.
Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Erkrankung, die die Schilddrüse angreift, jedoch im eigentlichen Sinne keine Schilddrüsenerkrankung ist. Tatsächlich handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung – betroffen ist also das Immunsystem, das in der Folge die Schilddrüse angreift. Die fehlgeleitete Immunreaktion kann jedoch auch andere Organe schädigen. Autoimmunerkrankungen neigen dazu, gemeinsam aufzutreten („Cluster“-Bildung). Hashimoto-Thyreoiditis tritt bei etwa jedem vierten, mindestens jedoch jedem siebten Patienten zusammen mit einer oder mehreren weiteren Autoimmunerkrankungen auf. Dazu zählen Erkrankungen wie Typ-1-Diabetes, perniziöse Anämie, Zöliakie, Morbus Addison, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa – jede davon kann spezifische Beschwerden im Magen-Darm-Trakt verursachen.
Was tun gegen den Hashimoto-Bauch?
Der überwiegende Teil der Hashimoto-Erkrankten (je nach Studie bis zu 90 %) erfährt unter einer L-Thyroxin-Therapie (Levothyroxin) eine deutliche Besserung der Symptome – vorausgesetzt, es gelingt, die individuell benötigte Hormonersatz-Dosis richtig einzustellen.
Bei Patienten mit ausgeprägtem „Hashimoto-Bauch“ kann diese Einstellphase unter Umständen länger dauern und erfordert mitunter viel Geduld. Ein möglicher Grund dafür ist, dass eine Störung des Magen-Darm-Trakts die Aufnahme von Medikamenten erschweren kann.
Patienten mit therapieresistenten Beschwerden sollten daher zunächst probeweise auf Gluten verzichten. Hashimoto-Patienten erkranken häufiger an Zöliakie als die gesunde Normalbevölkerung. Rund fünf bis sieben Prozent der Menschen mit Autoimmunthyreopathie weisen Antikörper gegen Gewebetransglutaminase auf und vertragen daher kein Gluten. Wenn sich Beschwerden bessern oder verschwinden, liegt die Vermutung nahe, dass eine Unverträglichkeit gegen diesen Nahrungsbestandteil vorliegt. Gleiches gilt für Zucker (entzündungsfördernd) sowie für Milch und Milchprodukte. Symptome einer Laktoseintoleranz können den Beschwerden einer Glutenunverträglichkeit ähneln.
Bei der Suche nach der Ursache unklarer Verdauungsbeschwerden, Bauchschmerzen oder Durchfällen sollte daher milchzuckerhaltige Nahrung – gegebenenfalls auch andere Lebensmittel und Inhaltsstoffe wie Fruktose, Hülsenfrüchte oder Konservierungsstoffe – zeitweise weggelassen und schrittweise im Rahmen einer Ausschlussdiät wieder eingeführt werden. So kann überprüft werden, ob sie die Beschwerden auslösen.
Im Rahmen der erweiterten Hashimoto-Diagnostik im Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim führen wir bei Magen-Darm-Problemen in Zusammenhang mit Hashimoto Untersuchungen auf typische Begleiterkrankungen wie Zöliakie durch. Unsere Erfahrung zeigt: Mit einem Ansatz, der die medikamentöse Behandlung mit einem ganzheitlichen Erfassen des Menschen in seiner Erkrankung verbindet, lassen sich selbst scheinbar behandlungsresistente Symptome des „Hashimoto-Bauchs“ spürbar lindern.
Wie klappt es bei Hashimoto mit Abnehmen am Bauch?
Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis haben oftmals große Probleme, das im Laufe der Krankheit erworbene Übergewicht wieder loszuwerden. Selbst ausgeprägte Hungerphasen oder regelmäßige Sporteinheiten helfen dabei häufig kaum.
Der Grund: Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion wie Hashimoto haben oft einen verlangsamten Stoffwechsel und hormonelle Ungleichgewichte. Die Folgen sind ein reduzierter Energieverbrauch, geringerer Muskelaufbau, vermehrte Wassereinlagerungen und Bauchfett.
Ein individuell angepasster Hormonersatz ist daher in vielen Fällen der erste wichtige Schritt, um den Körper in die Lage zu versetzen, auf Diäten und Bewegung anzusprechen.
Erfahrungen zeigen, dass Menschen mit Hashimoto vor allem durch Low-Carb-Ernährungsweisen wie die Atkins- oder Paläo-Diät Erfolge beim Abnehmen erzielen können. Das könnte daran liegen, dass sie Kohlenhydrate schlechter verwerten, die der Körper dann als Glykogen speichert. Auch der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme spielt eine Rolle, denn die Hormonproduktion – insbesondere von Insulin – folgt einem Tagesrhythmus. Möchten Sie mehr zum Thema „Abnehmen bei Hashimoto“ erfahren? Nützliche Tipps finden Sie in unserem Blogbeitrag: „Wie kann ich trotz Hashimoto Gewicht verlieren?“
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