
Hashimoto-Thyreoiditis
(Schilddrüsenentzündung)
Hashimoto-Thyreoiditis – Ein Überblick
Hashimoto-Thyreoiditis galt einst als seltenes medizinisches Randphänomen. Heutzutage ist sie eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen und die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion. Schätzungen zufolge erkranken vier bis zwölf Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an Hashimoto-Thyreoiditis – und die Tendenz ist steigend.
Was ist Hashimoto-Thyreoiditis?
Hashimoto-Thyreoiditis ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Dabei greift das Immunsystem fälschlicherweise das Schilddrüsengewebe an, was langfristig zu einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) führen kann.
Das körpereigene Abwehrsystem, das eigentlich Krankheitserreger bekämpfen soll, bildet bei Hashimoto Antikörper gegen körpereigene Bestandteile. Solche Autoantikörper können in geringer Menge auch bei klinisch gesunden Menschen vorhanden sein. In diesen Fällen greifen Regulationsprozesse noch ein, dämmen die Entzündung ein und stellen letztlich einen Normalzustand her. Bei Hashimoto-Patienten gelingt dies jedoch nicht. Die Schilddrüsenentzündung schädigt weiteres Gewebe, was wiederum die Immunantwort verstärkt – ein Teufelskreis beginnt, und die Entzündung wird chronisch.
Mit dem Fortschreiten der Krankheit treten meist typische Symptome einer Unterfunktion in den Vordergrund, wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, gesteigertes Kälteempfinden, trockene Haut, brüchige Haare, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmungen oder Verdauungsprobleme. In der Anfangsphase kann es sein, dass keine oder nur wenige Symptome auftreten. Oft entwickelt sich die Hashimoto-Thyreoiditis schleichend über mehrere Jahre.
Unsere Fachärzte im Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim empfehlen einen jährlichen Schilddrüsencheck. Dies gilt insbesondere für Patienten ab dem 20. Lebensjahr. Da viele Schilddrüsenerkrankungen jedoch auch schon früher auftreten, ist eine jährliche Schilddrüsenuntersuchung auch für Kinder und Jugendliche zu empfehlen.


Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis
Was sind typische Symptome bei Hashimoto?
Die Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis sind – wie bei vielen endokrinologischen Störungen – für Betroffene oft schwer greifbar. Beschwerden können prinzipiell den ganzen Körper betreffen. Häufig gleichen die Symptome denen einer Schilddrüsenunterfunktion, etwa Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Gewichtszunahme. In bestimmten Krankheitsphasen kann Hashimoto jedoch auch Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion hervorrufen, darunter Nervosität, Schlaflosigkeit oder innere Hitze.
Jeder vierte Betroffene leidet zusätzlich an anderen Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel Zöliakie, Morbus Crohn oder Diabetes mellitus. Dadurch erweitert sich die Bandbreite möglicher Beschwerden zusätzlich um Symptome wie Durchfall, Fieber, Blut im Stuhl, Blutarmt, starker Durst oder Schwindelgefühl uvm.
Was ist typisch für Hashimoto?
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Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebslosigkeit
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Gewichtszunahme
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Gesteigertes Kälteempfinden
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Konzentrationsprobleme
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Trockene Haut, brüchige Haare
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Depressive Verstimmung
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Libidoverlust
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Verdauungsprobleme, Verstopfung, Blähungen


Welche Organe greift Hashimoto an?
Hashimoto-Thyreoiditis führt in erster Linie zur Zerstörung des Schilddrüsengewebes. Die Erkrankung hat jedoch auch Auswirkungen auf zahlreiche andere Organe. Daher legen wir großen Wert darauf, in unsere diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen nicht nur die Schilddrüse isoliert einzubeziehen.
Eine zusätzliche Kontrolle weiterer Organe – im Sinne eines umfassenden Gesundheitschecks – ist aus ganzheitlicher Sicht notwendig. Besonders betroffen sind unter anderem das Herz, die Leber, die Nieren und die Nebennieren. Insbesondere nach Dosisänderungen oder zu Beginn einer Therapie sollten mögliche negative Auswirkungen einer Schilddrüsenbehandlung auf andere Organe ausgeschlossen werden.
Wie hoch ist die Lebenserwartung bei Hashimoto?
Hashimoto-Patienten haben gegenüber Gesunden ein etwa 4-fach erhöhtes Risiko ein Papilläres Schilddrüsenkarzinom zu bekommen. Deshalb sollten Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis regelmäßig auch auf Schilddrüsenknoten untersucht werden. Trotz dieses erhöhten relativen Risikos ist das absolute Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, auch für Hashimoto-Patienten mit einem Risiko von 0,04 % pro Jahr immer noch sehr gering. Hinzu kommt, dass ein Papilläres Schilddrüsenkarzinom bei adäquater Behandlung die 10-Jahres-Überlebenschance im Vergleich zu gesunden Personen nur unwesentlicht verschlechtert, da Schilddrüsenkrebs in diesem Fall eine sehr gute Prognose hat.
Ursachen und Auslöser der Hashimoto-Thyreoiditis
Was löst eine Hashimoto-Thyreoiditis aus?
Die genaue Ursache der Fehlregulation des Immunsystems, die der Hashimoto-Thyreoiditis zugrunde liegt, ist nicht vollständig geklärt. Allerdings konnten einige auslösende Faktoren identifiziert werden, die bei der Entstehung der Erkrankung eine wechselwirkende Rolle spielen:
1. Genetische Veranlagung
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Hashimoto tritt familiär gehäuft auf
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Bestimmte Gene, die mit der Immunregulation zusammenhängen, sind bei Betroffenen häufiger verändert
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Menschen mit anderen Autoimmunerkrankungen (z. B. Typ-1-Diabetes, Zöliakie, Rheuma) haben ein erhöhtes Risiko
2. Hormonelle Faktoren
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Frauen sind etwa 10-mal häufiger betroffen als Männer
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Hormonelle Veränderungen, z. B. während der Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause, können Hashimoto begünstigen
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Nach einer Geburt kann das Immunsystem vorübergehend empfindlicher reagieren (postpartale Thyreoiditis).
3. Umweltfaktoren
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Jodzufuhr: Ein Zuviel oder Zuwenig an Jod kann die Erkrankung beeinflussen.
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Selenmangel: Selen spielt eine Rolle im Schilddrüsenstoffwechsel und könnte das Risiko erhöhen
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Infektionen: Virale oder bakterielle Infekte könnten das Immunsystem so aktivieren, dass es fälschlicherweise die Schilddrüse angreift
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Chronischer Stress: Langfristiger Stress kann das Immunsystem schwächen und Autoimmunreaktionen begünstigen
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Toxische Belastung: Umweltgifte wie PAK (Polyzyklische aromatische Wasserstoffe), Weichmacher in Lacken und Kunststoffen wie PCB (Polychlorierte Biphenyle) und PBB (Polybromierte Biphenyle) sowie Schwermetalle (z. B. Quecksilber) könnten eine Rolle spielen
Diagnose der Hashimoto-Thyreoiditis
Wie lässt sich Hashimoto feststellen?
Die zwei wichtigsten Bausteine der Schilddrüsen-Diagnostik sind die Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse sowie die Bestimmung der Schilddrüsenwerte und Antikörper im Blut.
Lässt sich Hashimoto mit einer Ultraschalluntersuchung feststellen?
Eine typische Hashimoto-Schilddrüse zeigt in der Ultraschalluntersuchung eine echoarme (dunkle) und unregelmäßige Struktur, die oft als „mottenfraßartig“ oder „leopardenfellartig“ beschrieben wird. Die Sonografie ist bei Hashimoto-Thyreoiditis nicht nur für die Erstdiagnose, sondern auch für die Verlaufskontrolle von Bedeutung. Obwohl die Ultraschalluntersuchung viele Vorteile in der Schilddrüsenabklärung bietet, ersetzt sie jedoch nicht die laborchemische Blutuntersuchung.

Welche Werte sind bei Hashimoto auffällig?
TSH
Das TSH-Screening ist standardmäßig die erste Untersuchung, die bei Verdacht auf eine Funktionsstörung der Schilddrüse durchgeführt wird.
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Liegt der TSH-Wert deutlich über dem Normbereich, besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schilddrüsenunterfunktion.
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Liegt der Wert unterhalb des Normbereichs, deutet das auf eine Schilddrüsenüberfunktion hin.
Eine unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion führt im Verlauf der fortschreitenden Hashimoto-Thyreoiditis relativ zuverlässig zu erhöhten TSH-Werten. Allerdings ist die TSH-Messung allein nicht ausreichend, um eine Schilddrüsenfunktionsstörung sicher auszuschließen. Patienten können unter einer Hypothyreose und Hashimoto-Thyreoiditis leiden, selbst wenn ihr TSH-Wert im Normbereich liegt.
fT3 und fT4 (Freies Trijodthyronin & freies Thyroxin)
Eine zusätzliche Untersuchung der freien Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 im Blut erhöht die Genauigkeit der Diagnostik.
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Ist die Konzentration von fT3 und fT4 erniedrigt, während der TSH-Wert erhöht ist, spricht man von einer primären Schilddrüsenfunktionsstörung.
TPO-AK
Antikörper gegen die Thyreoidea-Peroxidase (TPO-AK) sind die am häufigsten nachweisbaren Antikörper bei Hashimoto-Thyreoiditis.
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Bei 80–90 % der Betroffenen ist die Konzentration von TPO-AK erhöht (über 60 U/ml).
TG-AK
Zusätzlich können bei den meisten Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis auch Thyreoglobulin-Antikörper (TG-AK) in erhöhter Konzentration nachgewiesen werden.
TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK)
Antikörper, die den TSH-Rezeptor blockieren, treten bei rund 80 % der Patienten mit Morbus Basedow auf. Allerdings sind auch bis zu 10 % der Hashimoto-Patienten Träger von TRAK.
Weiterführende Diagnostik bei Hashimoto-Thyreoidits
Die Schilddrüse beeinflusst nahezu alle Organe. Die Diagnose „Hashimoto-Thyreoiditis“ sollte daher nicht das Ende der Diagnostik bedeuten. Die Erkrankung kann eine Vielzahl von Folgeerkrankungen nach sich ziehen, darunter:
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Erkrankungen des Herzens, der Blutgefäße, der Leber und der Nieren
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Weitere Autoimmunerkrankungen, z. B. Morbus Addison (Schmidt-Syndrom) und Polyendokrines Autoimmunsyndrom
Hashimoto kann außerdem die Blutzucker- und Fettstoffwechselregulation beeinflussen und das Hormonsystem aus dem Gleichgewicht bringen. Zudem stehen Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Nährstoffmängel und Allergien oft im Zusammenhang mit der Erkrankung. Deshalb sollte ergänzend zur Schilddrüsendiagnostik ein regelmäßiger Gesundheitscheck erfolgen.

Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis
Hashimoto ist nach aktuellem Stand der Medizin nicht heilbar, jedoch lassen sich die Symptome gut behandeln.
Medikamentöse Therapie
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Levothyroxin (L-Thyroxin) ist das Mittel der Wahl zur Behandlung der Hypothyreose.
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Manche Patienten vertragen tierische Schilddrüsenhormone aus Schweineschilddrüsengewebe besser als synthetische Präparate.
Die optimale Dosierung der Hormonersatztherapie zu finden, kann für Patienten herausfordernd sein. Es kann mehrere Wochen oder Monate dauern, bis die richtige Dosis ermittelt ist.
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Bleibt eine Besserung unter L-Thyroxin aus, kann eine Konversionsstörung vorliegen. In solchen Fällen können Kombinationspräparate mit Liothyronin (T3) hilfreich sein.
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Während der Einstellungsphase sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig:
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Anfangs alle paar Wochen
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Später viertel- bis halbjährlich
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Begleitende Maßnahmen
Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung können folgende Maßnahmen unterstützend wirken:
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Zufuhr von Mikronährstoffen (z. B. Selen, Vitamin D)
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Anpassung der Ernährung
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Änderung des Lebensstils
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Stressmanagement und Entspannungstechniken
Das Wohlbefinden des Patienten ist entscheidend – nicht allein die Laborwerte!
Die optimale Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis ist individuell unterschiedlich. Entscheidend ist, wie sich der Patient fühlt:
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Wer sich unter der Therapie schlechter fühlt als vorher, ist möglicherweise falsch eingestellt.
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Wer sich besser fühlt, ist richtig therapiert.
Eine subjektiv empfundene Besserung ist wichtiger als rein kosmetische Laborwert-Anpassungen.
Hashimoto-Patienten sollten sich in jedem Fall von einem erfahrenen Facharzt für Hormon- und Autoimmunerkrankungen betreuen lassen.
Für weiterführende Informationen zu individuellen Therapiemöglichkeiten und Lösungsansätzen empfehlen wir das Buch von Dr. Christian Lunow "Der Hashimoto-Guide - Ihr Weg zum Therapie-Erfolg".
Fachbegriffe:
Hashimoto-Thyreoiditis = Entzündung der Schilddrüse durch Autoimmunantikörper
Thyreoiditis = Schilddrüsenentzündung
Euthyreose = normale Schilddrüsenfunktion
Hypothyreose = Schilddrüsenunterfunktion
Hyperthyreose = Schilddrüsenüberfunktion
TSH = Thyreoidea (Schilddrüse) Stimulierendes Hormon
T3 = Trijodthyronin, die aktive Form der Schilddrüsenhormone
T4 = Tetrajodthyronin, die Speicherform der Schilddrüsenhormone (L-Thyroxin)
TPO-AK = Antikörper gegen die Thyreoperoxidase der Schilddrüse
TG-AK = Antikörper gegen Thyreoglobulin
TR-AK = TSH-Rezeptor-Antikörper bei Morbus Basedow